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Made in Bremen: Melanie Chong entwickelt mit Hilfe von Hochschule und IT-Firma die App „Bremen in Mind“ Stadtführer als Sprungbrett

„Es steht nicht im Vordergrund, damit Profit zu machen.“ HEC-Projektleiter Heiko Müller Bremen.
01.11.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Stadtführer als Sprungbrett
Von Felix Frank

„Das war ein toller Moment“, sagt Melanie Chong und strahlt. Gemeint ist jener Moment, als ihre App im Mai auf dem Markt erschien. Menschen auf der ganzen Welt können seitdem ihre Erfindung downloaden. Die Arbeit und das Engagement haben sich ausgezahlt – nicht in finanzieller Hinsicht, aber für sie persönlich. Mit dem mobilen Stadtführer „Bremen in Mind“ verdient die 26-Jährige kein Geld. Doch das mit Unterstützung des Bremer IT-Unternehmens HEC und der Hochschule für Künste (HfK) entwickelte Projekt eröffnete der Studentin eine berufliche Perspektive.

Mit einer solchen Entwicklung hat Chong nicht gerechnet. Sie? Erfinderin einer App? „Das habe ich mir vor zwei Jahren nicht gedacht.“ Damals saß sie während ihres Studiums der Digitalen Medien im Seminar „Digitale Prothesen“ an der HfK. Ein inhaltlicher Schwerpunkt: Navigationshilfen für Touristen. Das Problem: Städtereisen sind zeitlich begrenzt und oft nicht individuell zugeschnitten. „Dabei kam mir die Idee, dass Menschen sich besser zurechtfinden können, wenn sie sich anhand von markanten, interessanten Orten optisch orientieren“, sagt Chong.

Sie entwickelte ein Konzept. Das Besondere an ihrem mobilen Stadtführer: Die Touristen, die nur wenige Tage in Bremen sind, erhalten eine ganz eigene Sicht auf die Stadt. Die App will den Benutzern Bremen näherbringen – und nicht nur die typischen Sehenswürdigkeiten wie Stadtmusikanten, Roland und Schnoor-Viertel zeigen. Die User lassen sich treiben und erkunden zu Fuß erreichbare Orte, die sie wirklich interessieren. „Das können zum Beispiel ein architektonisch interessanter Hinterhof oder der Italiener um die Ecke sein“, sagt Chong. Zudem muss die Stadtführung nicht groß geplant werden. Einfach die eigenen Interessen bei den vorgegebenen Rubriken wie etwa Freizeit, Sport und Natur ankreuzen – fertig. Die persönliche Stadtführung beginnt. Zu den Orten auf der Karte kann man sich navigieren lassen und sich am Ende die zurückgelegte Strecke anschauen.

Eine schöne Idee, aber vorerst nur ein Konzept. „Im Seminar simulieren die Studierenden ihre Projekte, setzen sie nicht um“, sagt Peter von Maydell, Seminarleiter und Professor für Interfacedesign an der HfK. Es bleibe modellhaft, Ressourcen und Zeit fehlten zur Umsetzung.

Allerdings gibt es auch eine Kooperation zwischen der HfK und der HEC. Seit zwei Jahren unterstützt die IT-Firma den gemeinsam von der HfK und der Universität Bremen angebotenen Studiengang Digitale Medien mit bis zu 1500 Euro pro Semester. Damit werden sowohl Lehrveranstaltungen als auch Einzelprojekte wie Ausstellungen und Masterarbeiten gefördert. Es handele sich jedoch nicht nur um einen finanziellen, sondern auch um einen ideellen Zuschuss, sagt HEC-Projektleiter Heiko Müller. „Wir finden es spannend, quer zu denken, Dinge mal anders anzuschauen und zu verwirklichen. Wir wollen Studierende ermutigen.“

So wie Melanie Chong. Alle Seminarteilnehmer stellten ihre Ideen im Kurs vor – das Konzept der gebürtigen Magdeburgerin gefiel der HEC am besten. Die App habe mit dem diametralen Ansatz eines Städteführers einen hohen Nutzwert, sagt Müller. „So gehen wir eine Stadt erobern. Das zufällige Erstöbern von Cafés und anderen Orten finde ich total spannend.“

Im Sommer 2014 begann Chong die Umsetzung ihrer Stadtführer-Idee mit einem dreimonatigen Praktikum bei der HEC. Danach arbeitete sie neben dem Studium weiter an der App. Zwei Auszubildende der Firma unterstützten sie dabei. „Wir mussten entscheiden, welche Technik wir nutzen. Und dann gab es Probleme mit der Bilddatenbank, weil einige Fotos schlecht benannt waren“, sagt Chong über die schwierige Anfangszeit. Die HEC-Azubis kümmerten sich vornehmlich um die Programmierung – das war absolutes Neuland für die Erfinderin. Deshalb sagt Chong: „Es war ein Lernprojekt.“ Sie lernte, wie eine Android-App funktioniert und wie sie programmiert wird. Vor allem aber gestaltete Chong die Anwendung.

Bislang wurde die App, die kostenfrei für Android-User erhältlich ist, knapp 50-mal heruntergeladen. Im Google-Play-Store hat sie die bestmögliche Bewertung von fünf Sternen. Eine Programmierung für das Apple-Betriebssystem iOS hätte den Projektumfang gesprengt, sagt Müller. „Es steht nicht im Vordergrund, damit Profit zu machen.“ Es gehe darum, das Konzept aus den Lehrveranstaltungen weiterzuführen. Deshalb verzichtete die HEC, die die Nutzungsrechte an der App hält, bislang auf jegliches Marketing.

Eine generelle Absage für eine Erweiterung der App etwa in anderen Städten ist das nicht. Wenn es Nachfragen von Investoren gebe, könne er sich vorstellen, das Projekt auszubauen, sagt Müller. „Die Idee, die Stadt so zu erleben, ist total cool. Daraus kann man viel machen.“

Ihre Bachelorarbeit über mobile Anwendungen hat Chong inzwischen fertiggestellt. Einen festen Arbeitsplatz hat sie auch schon: Ab November beginnt sie bei der Bremer Unternehmensgruppe Team Neusta, Mutterfirma der HEC, im Bereich Mobile Solutions.

„Bremen in Mind“ war so etwas wie das Sprungbrett für den Berufseinstieg. Chong sieht das Projekt als „tolle Referenz“. Die Erfinderin wünscht sich, dass die App in Zukunft bekannter wird. Und wer weiß: Vielleicht wird sie mit „Bremen in Mind“ irgendwann Geld verdienen – obwohl das nie geplant war.

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